Unterschrift

Betrieb­li­che Dar­le­hen – und das Bearbeitungsentgelt

Die von den Ban­ken vor­for­mu­lier­ten Bestim­mun­gen über ein lauf­zeit­un­ab­hän­gi­ges Bear­bei­tungs­ent­gelt in Dar­le­hens­ver­trä­gen, die zwi­schen Kre­dit­in­sti­tu­ten und Unter­neh­mern geschlos­sen wur­den, sind unwirk­sam. Das hat der Bun­des­ge­richts­hof aktu­ell in zwei Ver­fah­ren entschieden.

Ursprüng­lich waren zu die­ser Fra­ge drei Revi­si­ons­ver­fah­ren beim Bun­des­ge­richts­hof anhän­gig. Nach­dem sich ein Ver­fah­ren[1] vor dem Ter­min durch Aner­kennt­nis der beklag­ten Bank erle­digt hat­te, hat der Bun­des­ge­richts­hof nun in den bei­den ver­blie­be­nen Ver­fah­ren ent­schie­den. In die­sen bei­den Ver­fah­ren sind die Dar­le­hens­neh­mer Unter­neh­mer im Sin­ne des § 14 BGB. Die mit den jewei­li­gen Ban­ken geschlos­se­nen Dar­le­hens­ver­trä­ge ent­hal­ten For­mu­lar­klau­seln, wonach der Dar­le­hens­neh­mer ein lauf­zeit­un­ab­hän­gi­ges „Bear­bei­tungs­ent­gelt” bzw. eine „Bear­bei­tungs­ge­bühr” zu ent­rich­ten hat. Gegen­stand der Kla­gen ist die Rück­zah­lung die­ses Ent­gelts, weil die ange­grif­fe­nen Klau­seln nach Ansicht der Dar­le­hens­neh­mer unwirk­sam sind. Wäh­rend die Kla­ge dem einen Ver­fah­ren[2] in den Vor­in­stan­zen vor dem Land­ge­richt Han­no­ver[3] und dem Ober­lan­des­ge­richt Cel­le[4] erfolg­reich war, wur­de die Kla­ge im ande­ren Ver­fah­ren[5] von den Vor­in­stan­zen vom Land­ge­richt Ham­burg[6] und dem Han­sea­ti­schen Ober­lan­des­ge­richt Ham­burg[7] abgewiesen.

Der Bun­des­ge­richts­hof ent­schied nun, dass es sich bei den ange­grif­fe­nen Klau­seln um soge­nann­te Preis­ne­ben­ab­re­den han­delt, die der Inhalts­kon­trol­le nach § 307 BGB unter­lie­gen. Die Klau­seln hal­ten die­ser Inhalts­kon­trol­le nicht stand. Die Ver­ein­ba­rung lauf­zeit­un­ab­hän­gi­ger Bear­bei­tungs­ent­gel­te ist mit wesent­li­chen Grund­ge­dan­ken der gesetz­li­chen Rege­lung nicht zu ver­ein­ba­ren, wes­halb gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Zwei­fel eine unan­ge­mes­se­ne Benach­tei­li­gung des Ver­trags­part­ners anzu­neh­men ist. Auch bei den vor­lie­gen­den Unter­neh­mer­dar­le­hens­ver­trä­gen gibt es kei­ne Grün­de, die die­se gesetz­li­che Ver­mu­tung wider­le­gen wür­den. Ins­be­son­de­re kann die Ange­mes­sen­heit eines lauf­zeit­un­ab­hän­gi­gen Bear­bei­tungs­ent­gelts nicht mit even­tu­ell hier­aus resul­tie­ren­den steu­er­li­chen Vor­tei­len auf der Sei­te eines unter­neh­me­ri­schen Kre­dit­neh­mers begrün­det werden.

Die strei­ti­gen Klau­seln hal­ten auch bei ange­mes­se­ner Berück­sich­ti­gung der im Han­dels­ver­kehr gel­ten­den Gewohn­hei­ten und Gebräu­che nach § 310 Abs. 1 Satz 2 Halb­satz 2 BGB der Inhalts­kon­trol­le nicht stand. Soweit die beklag­ten Ban­ken die Ver­ein­ba­rung lauf­zeit­un­ab­hän­gi­ger Bear­bei­tungs­ent­gel­te mit einem ent­spre­chen­den Han­dels­brauch gerecht­fer­tigt haben, stützt ihr Sach­vor­trag das Bestehen eines sol­chen Han­dels­brau­ches nicht. Die Ange­mes­sen­heit der Klau­seln lässt sich auch nicht mit Beson­der­hei­ten des kauf­män­ni­schen Geschäfts­ver­kehrs recht­fer­ti­gen. Soweit hier­zu eine gerin­ge­re Schutz­be­dürf­tig­keit und eine stär­ke­re Ver­hand­lungs­macht von Unter­neh­mern im Ver­gleich zu Ver­brau­chern ange­führt wer­den, wird über­se­hen, dass der Schutz­zweck des § 307 BGB, die Inan­spruch­nah­me ein­sei­ti­ger Gestal­tungs­macht zu begren­zen, auch zuguns­ten eines – infor­mier­ten und erfah­re­nen – Unter­neh­mers gilt. Dass ein Unter­neh­mer mög­li­cher­wei­se eine sich aus ver­schie­de­nen Ent­gelt­kom­po­nen­ten erge­ben­de Gesamt­be­las­tung bes­ser abschät­zen kann, belegt nicht die Ange­mes­sen­heit der Klau­sel bei Ver­wen­dung gegen­über Unter­neh­mern. Denn die Inhalts­kon­trol­le soll all­ge­mein vor Klau­seln schüt­zen, bei denen das auf einen gegen­sei­ti­gen Inter­es­sen­aus­gleich gerich­te­te dis­po­si­ti­ve Geset­zes­recht durch ein­sei­ti­ge Gestal­tungs­macht des Klau­sel­ver­wen­ders außer Kraft gesetzt wird. Es gibt kei­nen Anhalt dafür, dass Kre­dit­in­sti­tu­te gegen­über Unter­neh­mern kei­ne sol­che ein­sei­ti­ge Gestal­tungs­macht in Anspruch neh­men könn­ten. Auf ein gestei­ger­tes wirt­schaft­li­ches Ver­ständ­nis von Unter­neh­mern kommt es bei den vor­lie­gen­den Klau­seln nicht an, weil sie von einem Ver­brau­cher eben­so wie von einem Unter­neh­mer ohne Wei­te­res zu ver­ste­hen sind.

Im Hin­blick auf die in bei­den Ver­fah­ren erho­be­ne Ein­re­de der Ver­jäh­rung gel­ten die Grund­sät­ze, die der Bun­des­ge­richts­hof zu Ver­brau­cher­dar­le­hen auf­ge­stellt hat[8], eben­so für Unter­neh­mer­dar­le­hen. Auch Unter­neh­mern war mit Ablauf des Jah­res 2011 die Erhe­bung einer auf die Rück­for­de­rung von Bear­bei­tungs­ent­gel­ten gerich­te­ten Kla­ge zumutbar.

Hier­von aus­ge­hend hat der Bun­des­ge­richts­hof das Urteil des Ober­lan­des­ge­richts Cel­le weit­ge­hend bestä­tigt und nur in Bezug auf einen Teil der gel­tend gemach­ten Zin­sen zum Nach­teil des Dar­le­hens­neh­mers abge­än­dert. In dem ande­ren Ver­fah­ren[5] hat der Bun­des­ge­richts­hof das Urteil des Han­sea­ti­schen Ober­lan­des­ge­richts Ham­burg auf­ge­ho­ben und die Sache zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Ober­lan­des­ge­richt zurück­ver­wie­sen, weil das Ober­lan­des­ge­richt wei­te­re Fest­stel­lun­gen tref­fen muss, damit über die von der Bank erho­be­ne Ein­re­de der Ver­jäh­rung und über die vom Dar­le­hens­neh­mer ein­ge­klag­ten Zin­sen abschlie­ßend ent­schie­den wer­den kann.

Bun­des­ge­richts­hof, Urtei­le vom 4. Juli 2017 – XI ZR 562/​15 und XI ZR 233/​16

  1. BGH – XI ZR 436/​16[]
  2. BGH – XI ZR 562/​15[]
  3. LG Han­no­ver, Urteil vom 04.06.2015 – 3 O 354/​14[]
  4. OLG Cel­le, Urteil vom 02.12.2015 – 3 U 113/​15[]
  5. BGH – XI ZR 233/​16[][]
  6. LG Ham­burg, Urteil vom 01.12.2015 – 328/​14[]
  7. OLG Ham­burg 27.04.2016 – 13 U 2/​16[]
  8. vgl. BGH, Urteil vom 28.10.2014 – XI ZR 348/​13[]

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